Initiative neue Qualitär der Arbeit

"Perfekt für mich - etwas anstrengend, aber möglich für die Firma"

Astrid Penner (Elektroingenieurin) Promotorin für industrielle Kommunikation bei Fa. Siemens AG über ihre individuelle Laufbahnplanung
Astrid Penner
Astrid Penner; Bild: Privat

Nachdem Astrid Penner in der 10. Klasse das Gymnasium verließ, schickten sie ihre Eltern zu einem individuellen Eignungstest. Dabei wurde ihre überdurchschnittliche Begabung für den technischen Bereich entdeckt, was ihr das Selbstvertrauen schenkte, in Richtung Technik zu gehen. Sie bewarb sich bei der Firma Siemens auf eine Ausbildungsstelle als Energieanlagenelektronikerin. Als sie im 3. Jahr ihre Lehre verkürzt abschloss, arbeitete sie noch 2 Monate in ihrem Beruf, bevor sie ein Studium begann . Ein Angebot von Siemens, dass sie in den darauffolgenden Studienjahren gerne und unkompliziert nutzen konnte. Im 4. Semester arbeitete sie bei Siemens in den Semesterferien in einer projektierenden Abteilung bei Ingenieuren. In dieser Abteilung konnte sie dann auch direkt nach Abschluss des Studiums unbefristet anfangen.

MINTrelation: Was waren die ersten Tätigkeiten?
Im ersten Jahr habe ich ein kleines Projekt in Erfurt programmiert und einen Schaltschrank gebaut. Obwohl mir versprochen wurde, dass auf jeden Fall ein Kollege mitkommt, musste ich doch alleine diese Anlage in Betrieb nehmen. Das war sehr spannend und hat geklappt. Anschließend wurde mein Schwerpunkt das Programmieren von Bedienoberflächen für Leitstände und Maschinen. Außerdem durfte ich anderen Menschen im Rahmen des Siemens Trainings Center das Programmieren beibringen. Das war neben der Arbeit die Möglichkeit, abends und am Wochenende zu unterrichten.

MINTrelation: Dann kam die Familiengründungsphase?
Ja genau. Nachdem ich geheiratet hatte, arbeitete ich zunächst voll weiter. Ich erzählte meinem Chef jedoch bei der Bekanntgabe meiner ersten Schwangerschaft, dass ich bestimmt drei Kinder bekommen würde und reichte bei der Geburt des ersten Sohnes drei Jahre Erziehungsurlaub ein. Jedoch hatte ich trotz meiner Aufgaben als Mutter noch Freiräume, die ich zum Arbeiten nutzen wollte. Siemens stellte mich parallel zum Erziehungsurlaub für Projekte ein. Das hieß, ich bekam 200 Stunden für ein Projekt bezahlt, konnte mir aber das Arbeiten vollständig selbst einteilen. Wenn mein Sohn schlief, konnte ich zuhause programmieren. Samstags traf ich mich häufig mit einem Kollegen von Siemens zum Testen; die Inbetriebnahme fand unter Rücksicht auf meine Situation auch am Wochenende statt.
Dieses Angebot war von der Firma genial, aber ich denke, individuell von meinem damaligen Chef und meinen Kollegen abhängig. Als dann der zweite Sohn 1998 geboren wurde, ging es genauso weiter. Perfekt für mich - etwas anstrengend, aber möglich für die Firma.
Als mein dritter Sohn geboren wurde, schob mein Chef seine Brille hoch und meinte: “Sie halten sich genau an das, was Sie am Anfang zu mir gesagt haben“. Es ist also ganz gut, ruhig schon im Vorfeld mit offenen Karten zu spielen und der Firma Bescheid zu geben, wie man die Familienplanung vornimmt.

MINTrelation: Wie haben Sie die Teilzeitarbeit zu Hause erlebt?
Das war schon aufregend und viel zu organisieren. Morgens Kindergarten, Spielkreis, Arzttermine und abends dann ca. 3 Stunden Arbeit und den ganzen Samstag. Wahrscheinlich habe ich sehr viel effektiver gearbeitet, als im Büro, da ich keinerlei Ablenkung hatte. Auch sind wahrscheinlich mehr Stunden zusammen gekommen, als ich abrechnen konnte, weil ich immer mal wieder am Rechner war. Dieses Geben und Nehmen ist ein Schlüssel für gemeinsame Unterstützung, die ich geschätzt und nicht ausgenutzt habe. Die Firma profitierte von meiner Arbeit und ich von der Bezahlung. Diese gesunde Abhängigkeit war für beide Seiten ein Gewinn und als solches wurde er auch von beiden gesehen. Nicht häufig, aber manchmal kamen Kollegen auch zu Besprechungen nach Hause. Dann bedienten unsere Jungs sie mit Kaffee und Keksen und weil die Zeit begrenzt war, wurden effektive Besprechungen durchgeführt.

MINTrelation: Wie ist der Wiedereinstieg in der Firma gelaufen?
Seit 2013 arbeite ich nun ganztags bei Siemens als Promoterin für industrielle Kommunikation. Es ist spannend, in einer Abteilung, die mich gar nicht kennt und die auch die ganze Vorgeschichte nicht weiß, zu arbeiten, denn es ist ein völlig anderes Arbeiten jetzt. Dennoch stoße ich überall auf freundliche Kollegen, die einfach nur die Arbeit betrachten. Es ist allgemein bei Siemens noch nicht sehr verbreitet, dass Frauen im technischen Bereich arbeiten. Aber es ist jetzt erst zur ersten Lohnerhöhung gekommen. Ich habe die ganzen Jahre so von der Arbeit profitiert, dass ich immer die Ansicht hatte, dass ich schon gut bezahlt bin. Ich habe selbst niemals nach Lohnerhöhung gefragt. Daher liegt mein Gehalt natürlich sehr viel unter dem, was die Kollegen mit ähnlicher Dienstzeit bekommen. Aber das bin ich selbst schuld. Ich habe jetzt erstmalig gefragt und sofort die Erhöhung und sogar ein Firmenfahrzeug bekommen. Aber ich habe gefragt. Vorher nicht! Das ist ein typisches Problem von Frauen, dass wir nicht nach Erhöhung fragen und dann leider auch schlechter bezahlt werden.

MINTrelation: Was hat Sie in ihrer Laufbahn noch unterstützt?
Alles in allem ist Siemens für mich die richtige Wahl gewesen. Ich habe trotz meiner Halbtagsstelle immer auch Weiterbildungsmaßnahmen in Anspruch genommen und immer wieder danach gefragt. Tipp: Nur wer fragt kommt weiter. Abschließend will ich sagen, dass es nur so lief, weil Vertrauen auf beiden Seiten da war und in meinem Bereich auch die Ergebnisse prüfbar, nachvollziehbar waren. Ich bin die ganze Zeit auf dem technisch neusten Stand geblieben, weil ich nie wirklich heraus war aus der Technik und Siemens hat auch davon profitiert, weil kein anderer eingestellt werden musste, der meine Arbeit übernehmen musste. So war es für beide Seiten eine tolle Lösung. Natürlich ist es auch notwendig, dass so eine Arbeit vom Lebenspartner unterstützt werden muss. Es gab auch Nächte, die ich durchprogrammiert habe, in denen ich unbedingt auf eine Lösung kommen wollte und dann viel mehr pro Tag gearbeitet habe, als ich wollte. Das muss dann der Partner mittragen…

Vielen Dank für das Interview!