Initiative neue Qualitär der Arbeit

Das Beruf und Pflege-Team bei PFLITSCH

Jan Valenthon, Personalleiter bei PFLITSCH, beantwortet im Interview Fragen zum Thema Beruf und Pflege. Sein Fazit lautet: „Unterstützung von Mitarbeiter/innen führt zu starker Mitarbeiterbindung und einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit.“
Firmengelände PFLITSCH GmbH
Fotograf: Dirk Koburg

Wie eine 2014 veröffentlichte Umfrage der berufundfamilie gGmbH zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ergab, hat sich bis zu diesem Zeitpunkt nur jeder zweite Arbeitgeber mit diesem Thema beschäftigt und weniger als ein Drittel bietet nach eigenen Angaben pflegegerechte Maßnahmen an. Wie ist die Firma PFLITSCH darauf gekommen, sich des Themas anzunehmen?
Die Firma PFLITSCH ist seit 2005 zertifiziert im Rahmen des Audits berufundfamilie. Im Verlauf der Re-Zertifizierung werden von den Auditoren auch regelmäßig Punkte angesprochen, bei denen sich das Unternehmen noch weiterentwickeln kann. So wurden wir darauf hingewiesen, dass das Thema Beruf und Pflege zukünftig an Bedeutung gewinnen wird. Wir haben diesen Hinweis dankbar aufgegriffen und uns Maßnahmen überlegt, wie wir den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Hilfestellungen geben können. Ehrlich gesagt, war uns der Bedarf bis jetzt gar nicht bewusst geworden. Allerdings ist das Thema Beruf und Pflege auch stark tabuisiert. Ich merke noch heute, dass es viel Überzeugungsarbeit benötigt, um Mitarbeiter dazu zu bringen, Hilfe anzunehmen.

Welche Maßnahmen haben Sie bisher in diesem Bereich umgesetzt und welche liegen noch vor Ihnen?
Das Team Beruf und Familie bei PFLITSCH hat sich zusammengesetzt und überlegt, welche Leistungen den Mitarbeitern wirklich helfen könnten. Betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewährt die Firma PFLITSCH bei akuten Pflegefällen zwei Tage bezahlten Sonderurlaub. So kann sich der Mitarbeiter um die Organisation der Pflege kümmern. Zwischenzeitlich hat auch die Bundesregierung reagiert und mit der Pflegereform im Jahr 2015 das Pflegeunterstützungsgeld eingeführt. Das Problem der Betroffenen besteht stets darin, dass sie nicht wissen, wie lange die Pflegesituation anhält. Wir haben deshalb eine sogenannte Schnupperteilzeit eingeführt. Der Mitarbeiter kann für einen festgelegten Zeitraum in Teilzeit arbeiten. Anschließend ließe sich die Teilzeit auch unbürokratisch verlängern. Der Anspruch des Mitarbeiters besteht zusätzlich zur gesetzlich festgelegten Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit.

Manchmal ist dem Mitarbeiter allerdings auch schon mit einer flexiblen Einteilung der Arbeitszeit geholfen. Wir haben unsere Regelungen zu Home Office und Gleitzeit auf den Bereich Beruf und Pflege ausgeweitet.

Wir setzen allerdings auch schon früher an. Uns ist wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frühzeitig informiert sind, d. h. schon bevor ein Pflegefall eintritt. In Kooperation mit einer Rechtsanwältin haben wir beispielsweise eine Informationsveranstaltung zum Thema Vorsorgevollmacht organisiert. Diese Veranstaltung wurde sehr gut angenommen.  Außerdem haben wir unseren Mitarbeitern eine sogenannte Notfallmappe zur Verfügung gestellt. Die Notfallmappe beinhaltet klare Handlungsanweisungen und Formulare für den Pflegenotfall. So sind Angehörige des Betroffenen sehr gut vorbereitet.

Was liegt noch vor uns? Unsere Aufgabe ist es, das Thema ständig neu zu adressieren und es aus der Tabuzone herauszuholen. Ich merke bei meiner täglichen Arbeit, dass es den Mitarbeitern – verständlicherweise – sehr schwer fällt, über Pflegefälle in der Familie zu sprechen. Wir können allerdings nur Unterstützung anbieten, wenn wir von den Pflegefällen wissen. Aber selbst wenn wir von Pflegefällen erfahren, benötigt es teilweise noch Überzeugungsarbeit, damit Unterstützungsleistungen auch angenommen werden.

Welche Aufgaben hat ihr Team Beruf und Familie im Hinblick auf das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege?
Das Team Beruf und Familie soll zunächst ein niederschwelliger Anlaufpunkt für Betroffene oder Interessierte sein. Zwar steht auch die Personalabteilung jederzeit zur Beratung zur Verfügung. Allerdings ist mir bewusst, dass die Hürde, sich in der Personalabteilung zu melden, zu hoch sein kann. Das Team Beruf und Familie besteht deshalb aus zwei Mitarbeiterinnen, die in anderen Abteilungen beschäftigt sind und diese Aufgabe nebenamtlich ausüben.

Zudem kümmert sich das Team um die Organisation der Veranstaltungen zum Thema Beruf und Pflege (z. B. Informationsveranstaltungen zur Vorsorgevollmacht). Außerdem ist es die Aufgabe des Teams, Ideen aus der Belegschaft aufzunehmen und diese zu prüfen und ggf. umzusetzen. Nicht zuletzt berät das Team, sofern ein Pflegefall eingetreten ist und stimmt sich dabei eng mit der Personalabteilung ab.

„Beruf und Pflege“ und das Thema häusliche Pflege ist ja in der Arbeitswelt immer noch ein Tabuthema. Woran liegt das Ihrer Meinung nach und was können Unternehmen dafür tun, es zu enttabuisieren?
Meiner Meinung nach handelt es sich immer noch um ein Tabuthema, weil Betroffene denken, es wäre ein Zeichen von Schwäche, wenn man Hilfe annimmt. Dem ist nicht so! Es bedeutet eine extreme physische und psychische Belastung, sich selbst um die häusliche Pflege zu kümmern. Und auch wenn es „nur“ darum geht, eine häusliche oder stationäre Pflege zu organisieren, kann das die Betroffenen an die Belastungsgrenze führen. Unternehmen sollten durch ständige Information das Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür schärfen. Letztlich kann man das Bewusstsein nicht verordnen. Wenn der Mitarbeiter dem Unternehmen und seinem Repräsentanten vertraut, wird er/sie sich öffnen.

Wie viel Aufwand bedeutet es für ein Unternehmen und was hat es davon, wenn es sich dazu entschließt, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu ermöglichen?
Die Unternehmensleitung muss die zeitlichen Ressourcen zur Verfügung stellen. Die Vorbereitung von Unterstützungsleistungen und auch die Beratung der Mitarbeiter kostet Zeit. Der finanzielle Aufwand für die Unterstützungsleistungen an sich ist sehr überschaubar. Der Benefit lässt sich nur schwer in Euro beziffern. Letztlich erreicht man eine starke Mitarbeiterbindung und eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit. Auch in einem Bewerbungsgespräch kann dieses Thema vielleicht den Ausschlag geben, um einen Kandidaten für das Unternehmen zu gewinnen.

Zum Schluss: Welche Fehler sollten Unternehmen nach Ihrer Erfahrung vermeiden, wenn Sie sich in diesem Themenfeld engagieren?
Unternehmen sollten nicht erwarten, dass das Thema ein Selbstläufer ist. Ein Aushang am Schwarzen Brett wird nicht ausreichen. Man muss am Ball bleiben und das Thema auch offensiv, z. B. in Bewerbungs- und Mitarbeitergesprächen, ansprechen.

Vielen Dank für das Interview!

Kontakt

Jan Valenthon
Personalleiter
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Ernst-Pflitsch-Straße 1 - Nord 1
42499 Hückeswagen
Telefon: +49 2192 911-585
Telefax: +49 2192 911-218
E-Mail: jan.valenthon@pflitsch.de
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